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»›Homosexualität‹ ist ein groß angelegtes Täuschungsmanöver«

Interview mit dem Publizisten Andreas Lombard

Homosexuelle Reproduktion gibt es nicht – allen Versprechungen und Hoffnungen zum Trotz. Andreas Lombard sagt: Für den reproduktionstechnischen Markt dienen diese bloß als Türöffner. – Das folgende Interview erschien zuerst auf freiewelt.net

Foto: privat

FreieWelt.net: »Homosexualität gibt es nicht«, behaupten Sie im Titel Ihres neuen Buches. Wie ist diese steile These zu verstehen?

FreieWelt.net: Das müssen Sie mir erklären.

Andreas Lombard: Drei Beispiele: Erstens gilt Homosexualität für unveränderbar, als wäre sie ein sicherer Hafen, eine Art Schutz vor den Unwägbarkeiten des Lebens. Den gibt es nicht. Zweitens gibt es die behauptete Gleichheit nicht. »Gleich« ist Homosexualität nur dann, wenn ich die Fortpflanzung wegdenke. Und drittens führt die Gleichstellung zu einer fiktiven homosexuellen Fruchtbarkeit und am Ende zu einer Diskriminierung der Heterosexualität. Es gibt keine homosexuellen Eltern im Vollsinn des Wortes.

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Ausweitung der Grauzone

Neues zum Thema Sterbehilfe


Auf instinktiver Ebene weiß waches Leben unfreiwillig mehr, als ihm lieb sein kann, von den Verlegenheiten des Daseins
auf der nach vorn geneigten schiefen Ebene. Der Grad des Neigungswinkels unterliegt dem Streit – den nennen die Höflichen »Politik«.

Peter Sloterdijk, Die schrecklichen Kinder der Neuzeit.
Über das anti-genealogische Experiment der Moderne,
Berlin 2014, S. 86

 

Mit einer Deutlichkeit, die auch seitens der Katholischen Kirche in Deutschland nicht eben häufig ist, hat sich Kardinal Woelki Dienstagabend in Bonn gegen Sterbehilfe ausgesprochen: »Seit wann, muss man entschieden fragen, haben Ärzte die Lizenz zum Töten? Es kommt einer Pervertierung des Arztberufes gleich, wenn der, der Leben erhalten soll, es preisgibt. […] Es ist erschreckend, zu sehen, wie sehr die Tabuisierung der Sterbehilfe, die nach den Gräueltaten der Nationalsozialisten jahrzehntelang Konsens war, in den aktuellen Debatten fällt.« In der Tat werden wir uns bald fragen müssen, welche Sorte von Arzt wir vor uns haben. Einen, der uns helfen will, gewiss. Aber auf welche Weise?

Zur selben Zeit, da Woelki in Bonn in einem vollbesetzten Saal sprach, fand in der Katholischen Akademie Berlin die Jahrestagung der Juristenvereinigung Lebensrecht statt. Dort wurden mehrere Positionspapiere der Bundesparlamentarier zur Regelung der Suizidhilfe diskutiert. Wohlgemerkt: Zur Neuregelung geäußert haben sich Abgeordnete des Deutschen Bundestages, darunter auch die ehemalige Ministerin Kristina Schröder, nicht aber die Bundesregierung selbst, die sich seit dem nicht realisierten Gesetzentwurf der Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger (den das Kabinett immerhin einstimmig beschlossen hatte) auffällig bedeckt hält. Der eigentliche Dissens war allerdings nicht auf dem Podium zu erleben, sondern zwischen Podium und Publikum. Die Parlamentarier, die zum Teil überfraktionelle Gruppenentwürfe vorstellten, unterschieden sich in ihren Vorschlägen minimal.

Alle wollen sie, selbstverständlich, die Hospiz-Arbeit und die Palliativmedizin stärken. Das will auch die Bundesregierung – und sei es, um Ängste vor Schlimmerem zu besänftigen. Alle finden sie die Angebote eines Roger Kusch unseriös und verwerflich. Fast niemand aber will die aktuelle Gesetzeslage, nach der die Suizidbeihilfe allein durch das ärztliche Standesrecht behindert wird, verschärfen. Mit einer einzigen, Dienstagabend auf dem Podium leider nicht vertretenen Ausnahme. Vielmehr geht es etwa den Ageordneten Kristina Schröder (CDU/CSU) und Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen) ausdrücklich darum, das ärztliche Standesrecht der Bundesgesetzgebung zu unterwerfen, was leider auch manche Ärzte befürworten, die endlich aus der »Grauzone« gelegentlich praktizierter Suizidbeihilfe herauswollen. Und das, obwohl doch weit und breit kein Arzt wegen einer solchen Tat rechtskräftig verurteilt worden wäre, wie der Heidelberger Jurist Ekkehart Reimer betonte. Auch bislang wurde unter ärztlichem Beistand durchaus würdevoll gestorben und wenn nötig, auch unter professioneller Therapie von Angst, Schmerzen und Atemnot, die alle drei behandelbar sind.

Offiziell wird im Grunde aber nur noch die Frage diskutiert, ob und in welcher Form die organisierte und geschäftsmäßige Sterbehilfe erlaubt werden soll (dagegen sind Kerstin Griese, SPD, u.a.) und welche Sicherungsmaßnahmen ihr mit auf den Wege gegeben werden, wobei aus der Erfahrung der anhaltend hohen Abtreibungszahlen heraus klar sein dürfte, was erschwerende Auflagen dem Lebensschutz langfristig bringen – nämlich nichts. Bündnis 90/Die Grünen wollen die Sterbehilfevereine und die geschäftsmäßige Suizidhilfe aufwerten und auch die Werbung für Sterbehilfe erlauben (in der Schweiz kämpfen die Sterbehilfevereine derzeit recht erfolgreich um Zutritt zu Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen). Die Grünen preschen von allen Abgeordneten am weitesten nach vorn. Sie haben immerhin in diesem einen Punkt recht, den die Abgeordnete Keul gestern vorbrachte: Dass eine verbotene oder verwerfliche Tat nicht dadurch besser würde, dass sie nur Einzelpersonen (Angehörigen, Ärzten und Freunden) erlaubt wäre, nicht aber Vereinen und Organisationen.

Wenn diese Art »Hilfe« überhaupt erlaubt sein soll, dann müssen alle »helfen« dürfen, solange sie nicht von niederen Beweggründen getrieben sind und nicht die Tatherrschaft zu erlangen versuchen, also jemanden zum Suizid überreden wollen. Aber wer kann das kontrollieren? Wer ist schon wikrlich dabei, wenn Sterbewilliger und Suizidhelfer den Tod beschließen? Wir dürfen gespannt sein, wie man Übergriffe und Nötigungen künftig verhindern wird, wenn dieselbe Abgeordnete Keul davon ausgeht, dass es keiner besonderen Dokumentationspflichten bedürfe, da ohnedies jeder Arzt bestrebt sein werde, den Willen des Suizidenten für den Fall etwaiger Vorwürfe und Klagen nachzuweisen. Der Vertrauensvorschuss ist mindestens erstaunlich. Dies wundert einen aber nicht bei einer Partei, die sich nur um die Ökologie der Tiere und der Natur im Allgemeinen kümmert und die des Menschen geradezu rachsüchtig bekämpft.

Der bereits erwähnte Heidelberger Jurist Ekkehart Reimer war es, der in seinem Eingangsreferat eine bemerkenswerte Parallele zu den Jägern und Gejagten der Vorgeschichte zog. Damals wie heute neigten die Menschen dazu, diejenigen, die nicht mehr mitkämen, zurückzulassen, damit das Wohl der übrigen nicht von der Hilfsbedürftigkeit der Schwachen beeinträchtigt werde. Auch solche Parallelen können die Grünen nicht von ihrem Brutalisierungskurs abbringen. Hartnäckig widersprach die Abgeordnete Keul mehrfachen Hinweisen aus dem Publikum, dass die schiefe Ebene zwangsläufig zu einer dramatischen Zunahme der Sterbehilfefälle führen werde. Dafür gebe es keinerlei Beleg, behauptete sie, obwohl doch bekannt ist, dass etwa die Schweizer Sterbehilfeorganisation Exit im Jahre 2013 einen dramatischen Zuwachs von 8000 Mitgliedern zu verzeichnen hatte. 2014 schieden bei Exit mit 583 Suizidenten bereits 25 Prozent mehr Menschen aus dem Leben als im Vorjahr. Allein in den ersten beiden Monaten des Jahres 2015 wurden 5000 neue Mitglieder aufgenommen, und damit dürfte sich der Zuwachs von 2013 schon in diesem Jahr vervielfachen. In zehn oder zwanzig Jahren dürften die Fälle assistierten Suizids also in die Zehntausende gehen.

Patrick Sensburg (CDU/CSU) ist einer derjenigen Abgeordneten, die sich für den vollen Lebensschutz einsetzen und eine Strafbarkeit der Suizidbeihilfe fordern wollen, und zwar mit bis zu fünf Jahren Gefängnis. Sensburg saß am Dienstag nicht mit auf dem Podium. Warum eigentlich nicht? Wie kommt es, dass in der Veranstaltung einer Lebensrechts-Organisation im Hause der Katholischen Akademie niemand eine katholische Position vertritt, dass auch nicht einziges Mal das fünfte Gebot vorgebracht wird? Dabei wäre doch der Einbezug gerade dieser Position die einzige Möglichkeit, die Rede von einer ergebnisoffenen Debatte zu rechtfertigen. Aber offenbar soll eine solche gar nicht stattfinden, allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz. Je größer der Veranstaltungsreigen zu diesem Thema wird, desto belangloser und nichtssagender wird er auch, und desto mehr stellt sich das Gefühl ein, die entscheidende Schlacht fände überhaupt nicht statt oder sei längst entschieden. Seit wann sind sich Politik, große Medien und Wirtschaft einig, dass der »demografische Wandel« das »sozialverträgliche Frühableben« benötige, wie der damalige Ärztekammerpräsident Karsten Vilmar das schon 1998 nannte?

Wie gesagt, der Widerspruch kam Dienstagabend allein aus dem Publikum, von dort aber unisono. Das führte immerhin zu einem merklichen Unwohlsein auf dem Podium. Aber nicht einmal Katharina Jestaedt vom Kommissariat der deutschen Bischöfe konnte sich in ihrer Antwort auf die Wortmeldungen dazu durchringen, die christlicherseits einzig naheliegende Position zu vertreten. Warum musste ausgerechnet sie, die sie ja nicht den Gesetzgeber vertrat, darauf hinweisen, dass das, was dieser beschließt, auch für Nichtchristen (die noch dazu bislang in der Minderheit sind) »valide« sein müsse? Was treibt die deutschen Bischöfe? Was hindert sie, bei einer solchen Gelegenheit deutliche Worte zu finden?

Zu den interessanteren Hinweisen des Abends gehörte erstens die Erwähnung von empirischen Studien durch den Diskussionsleiter Daniel Deckers (FAZ), nach denen sterbewillige Patienten dem assistierten Suizid die Tötung auf Verlangen vorzögen. Es klingt plausibel, dass sie lieber gleich alles dem Arzt oder Helfer überlassen. Wir bekommen also bald eine weitere Diskussion um Tötung auf Verlangen, sobald der assistierte Suizid alltäglich geworden ist. Die Abgeordnete Keul sagt aber, die schiefe Ebene lasse sich nicht beweisen. Zweitens: Pro Jahr gibt es in der Bundesrepublik rd. 100.000 Suizidversuche und 10.000 gelingende Suizide. Das ergibt einen potentiellen Kundenstamm, der weit über den Mitgliederzahlen von Exit und Dignitas liegt. Sollen jene 90.000 Menschen, die ihren Suizidversuch bislang überleben (bei weitem nicht alle starten einen zweiten Versuch) ihn künftig nicht mehr überleben? Wer will dazu beitragen, dass sie ihn nicht mehr überleben? Ihre Hausärzte, die sich bislang um die Nachversorgung, etwa um die Heilung der Schnittwunden gekümmert haben?

Den Werther-Effekt haben wir da noch gar nicht berücksichtigt … Die Abgeordnete Keul sagt aber, die schiefe Ebene lasse sich nicht beweisen. Drittens: Der Schweizer Außenminister habe jüngst beklagt, hieß es, dass die meisten Fälle von Sterbehilfe auf ältere, alleinstehende Frauen aus Großstädten entfallen (drei Fünftel der Mitglieder von Exit sind Frauen). Allmählich fürchtet die Schweiz angesichts der vielen Suizidtouristen offenbar um ihre Reputation. Wenn das Durchschnittsalter der Suizidenten heute bei 77,5 Jahren liegt, dann können wir uns jedenfalls ausrechnen, was uns beim Altwerden der geburtenstarken Jahrgänge mit ihrem hohen Singleanteil erwartet, also in zwanzig bis dreißig Jahren. Die Abgeordnete Keul sagt aber, die schiefe Ebene lasse sich nicht beweisen. Wahrscheinlich würde sie das auch für die 100.000 Abtreibungen pro Jahr behaupten, deren Zahl nur noch relativ zur sinkenden Bevölkerungszahl steigt.

Natürlich kann die Bundesrepublik mit einer gesetzlichen Regelung der Suizidbeihilfe dafür sorgen, dass die Leute nicht mehr in die Schweiz fahren müssen (geht es darum, sich die Anteile an einem künftig stark wachsenden Markt zu sichern?). Das Ergebnis wird aber sein, dass die Sterbewilligen dann aus den Ländern, in denen der assistierte Suizid bislang verboten ist, nach Deutschland kommen werden, nämlich aus Österreich, Polen, Italien, England, Wales, Portugal und Spanien. Will das der Deutsche Bundestag? Will das die Bundesregierung? Dazu ein Zitat aus der Begründung des von Patrick Sensburg vertretenen Gesetzentwurfs:

»Die Angehörigen und Freunde werden sicher nicht selbst in der Apotheke das Gift kaufen, sondern den Arzt auffordern, dem Suizidenten zu ›helfen‹. Dies umso mehr, wenn das bisher in der Regel zur Selbsttötung verwendete Gift Natriumpentobarbital zur Verwendung am Menschen freigegeben würde. Natriumpentobarbital darf nach § 13 BtMG lediglich in der Veterinärmedizin zum Einschläfern von Tieren verordnet werden. Wenn man die ärztliche Beihilfe zum Suizid erlauben würde, würde man auch im Betäubungsmittelrecht insofern Änderungen vornehmen müssen. Damit würde man im wörtlichen Sinn den Giftschrank öffnen, und das im bevölkerungsreichsten Land Europas, das zugleich über die höchste Zahl an Ärzten verfügt. Der oft beklagte ›Sterbehilfe-Tourismus‹ würde dann Deutschland als Ziel wählen.«

Wenn die vielbeschworene »Autonomie«, auf die sich die Befürworter der Sterbehilfe stützen, das letzte Ziel und das oberste Gebot ist, warum wollen sie dann nicht auch die Tötung auf Verlangen erlauben, zumal es Fälle gibt, in denen der Suizident nicht einmal einen Becher halten kann? Warum dann den Suizid auf tödlich Erkrankte begrenzen? »Trotz der bleibenden Einsprüche der Kirchen [die ziemlich schwach ausfallen, A.L.] wollen viele Menschen selbst entscheiden, wie sie ihr Leben beenden, also auch ohne tödliche Krankheit einen Suizid verüben können, ohne dabei auf ärztliche Begleitung verzichten zu müssen.« (Heike Schmoll, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.4.2015)

Tatsächlich, so stellt die Begründung des einzigen Gesetzentwurfs mit Rücksicht auf den Lebensschutz klar, wird der heute schon erkennbare Versuch, die gegenwärtige Grauzone zu beseitigen, zu ihrer unabsehbaren Ausweitung führen. Die Tötung auf Verlangen ist verboten, weil die Behauptung, »auf Verlangen« des Toten gehandelt zu haben, ohne dessen Zeugenschaft so überaus schwer nachzuweisen ist. Bei der Berufung darauf, nur Beihilfe geleistet zu haben, sieht es aber nicht besser aus: »Diese Aussage ist gerichtlicherseits kaum überprüfbar. Würde man dem Täter zugestehen, dass er sich darauf zurückziehen kann, nur ›geholfen‹ zu haben, würde man einen tatsächlich rechtlich nicht mehr überprüfbaren Raum schaffen.«

Tatsächlich muss alle Tötungsenergie, die der Suizident nicht selbst aufbringen kann oder will, vom Helfer kommen. Je mehr der Helfer hilft, desto mehr wird er zum Täter, desto mehr muss er sich den Todeswunsch des anderen, der nicht sein eigener ist, zu eigen machen. Er muss selber wollen, dass der andere stirbt. Wie kann er das wollen und warum? Wie ist es möglich, die lauteren Motive jemals von den unlauteren zu scheiden? Niemand kann bei genauem Nachdenken »helfen«, ohne aktiv zu töten. Der leichte, schmerzlose Selbstmord, der Selbstmord für alle, wird logischerweise von der Ausnahme zu Regel, wenn das Tötungsverbot fällt. Er wird zu einem dauerhaften Alternativangebot, zu einer makabren Zusatzleistung, sobald die Hemmschwellen für die Helfer abgebaut wurden.

Die Dienstagabend wiederholt betonte Straffreiheit für den Helfer gibt es im deutschen Strafrecht leider wirklich. Dabei handelt es sich um eine schlichte Gesetzeslücke, die die europäischen Nachbartstaaten nicht kennen. Bei der Frage nach der Freiheit von Schuld sieht es im Hinblick auf den »Helfer« und seine Helfershelfer aber schon ganz anders aus. Beim Suizid wird der Weg vom Dürfen über das Sollen (wir werden es wollen sollen) zum Müssen führen. Rette sich wer kann, vor allem vor dem Helfenwollen.

Volker Beck dreht durch

Die Grünen auf dem Weg zur Zwangshomosexualität

Zum Thema Homosexualität bemerkte mein Ziehvater in den späten siebziger Jahren: »Erst war es verboten, dann war es erlaubt, und wenn es Pflicht wird, wandere ich aus.«  Ich wunderte mich damals ein wenig über diese Drohung, aber Ziehvater Krause hatte die Entwicklung durchaus richtig erkannt. Die Grünen glauben vermutlich, der Homosexualität als Pflichtübung jetzt ein gutes Stück näher gerückt zu sein. Mit Volker Beck an der Spitze fordern sie ein Verbot von Therapien, die homosexuellen Minderjährigen helfen könnten, ihre Orientierung zu ändern.

In dem entsprechenden Gesetzentwurf heißt es: »Ordnungswidrig handelt, wer berufs- oder gewerbsmäßig Therapien anbietet oder durchführt, die das Ziel haben, die sexuelle Orientierung bei Minderjährigen zu verändern. (…) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von mindestens fünfhundert Euro geahndet werden.« Sogenannte »Konversionstherapien«, so Beck, bewirkten ein »erhebliches gesundheitliches Risiko«. Als Folge solcher Behandlungen seien Ängste, soziale Isolation, Depressionen und eine erhöhte Selbstmordrate wissenschaftlich nachgewiesen.

Davon, dass Homosexualität sehr oft dieselben Folgen hat: nämlich Ängste, soziale Isolation, Depressionen und eine erhöhte Selbstmordrate, hat Beck offenbar noch nie etwas gehört. Auch scheint er noch nichts davon gehört zu haben, dass Folgeerkrankungen der Homosexualität zugleich deren Ursachen sein können. Ängste, soziale Isolation, Depressionen und eine erhöhte Selbstmordneigung können in die Homosexualität führen, weil diejenigen, die unter jenen Symptomen leiden, fruchtbarere Lebenswege als versperrt empfinden. In diesen vermutlich gar nicht so seltenen Fällen kann die der Homosexualität vorausgehende Grunderkrankung nicht nur behandelt werden – sie muss es sogar. Wem würde es schaden, wenn im Falle eines therapeutischen Erfolgs auch die homosexuelle Neigung verschwände? Volker Beck?

Das alles aber zu leugnen – und zwar unter Heranziehung »wissenschaftlicher« Argumente, wo  Lebenserfahrung und ein wenig Beobachtungsvermögen besser Bescheid wissen –, ist rücksichtslos und zynisch. Andererseits, von therapeutischer Selbstbestimmung durch Arzt und Patient muss Volker Beck dann doch etwas gehört haben. Weil es diese Selbstbestimmung gibt, die jede Einflussnahme von außen verbietet, und weil es nur im Falle von Minderjährigen Dritte gibt, die bei der Therapie ein Wörtchen mitzureden haben, nämlich die Eltern, setzt der Vorstoß auch bei Minderjährigen und bei Elternrechten an, über die sich unsere politische Klasse immer unverschämter hinwegsetzt – nicht nur mit Propaganda für Homosexualität in staatlichen Schulen, sondern inzwischen allerorten im öffentlichen Raum.

Letztlich sind die Grünen gegen jedes therapeutische Angebot, das eine Abwendung von Homosexualität zur Folge hat, und das seit vielen Jahren. Sie sind dagegen, dass Homosexuelle, die nicht homosexuell sein wollen, professionelle Hilfe finden. Jedes entsprechende Angebot wollen sie kappen. Und das bedeutet, dass die Grünen gegen die Selbstbestimmung Homosexueller sind, die nicht homosexuell sein wollen. Weil das nicht ihren politischen Interessen dient.

Im Mai 2009 fand in Marburg ein psychoanalytisch-seelsorgerischer Kongress statt. Die Veranstaltung selbst wäre nicht weiter beachtet worden, wenn nicht zwei Referenten an ihr teilgenommen hätten, die sich an jene Schar von Homosexuellen wenden, von der niemand weiß, wie groß sie eigentlich ist, und die unter ihrer Neigung – leidet. Das religiös grundierte Bemühen der damals auf dem Kongress vertretenen Therapeuten, sich dieses Leids anzunehmen und bei der Lösung des Knotens zu helfen, gehörte lediglich ins weitere Umfeld jener Tagung.

Dennoch war das für Homosexuellenverbände und Grüne Grund genug, mit Vorwürfen wie »Homophobie« und »Umpolerei« einen sechstausendköpfigen Demonstrationszug gegen den Kongress auf die Beine zu stellen. Auf Transparenten stand zu lesen: »Religion kann man heilen« und »Maria, hätt’st du abgetrieben, das wär’ uns erspart geblieben.« Offenbar glaubten die Demonstranten, mit ihrem Kampf gegen ein spezielles Therapieangebot auch die ihm zugrundeliegende Nachfrage aus der Welt schaffen zu müssen. Der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 24. Mai 2009 zufolge hatten sie für die Selbstbestimmung Homosexueller in Wahrheit rein gar nichts übrig.

Schon die Marburger Konstellation zeigte, wie ernst es die Homosexuellenbewegung meint. Nichts bringt die Funktionäre der gay liberation so sehr auf die Palme wie ein Vorbehalt gegen Homosexualität, womöglich auch noch in Verbindung mit einem christlichen Bekenntnis, auch dann, wenn es der Homosexuelle selbst ist, der den Vorbehalt äußert und das Bekenntnis ablegt. Jeder, der sich nicht zur glücklichen Bejahung eines »schwulen Lebens« durchringen kann, scheint für die Sachwalter der Emanzipation eine große Gefahr darzustellen. Die wenigen verständnisvollen Helfer, die sich noch seines Schicksals annehmen, können sie schon gar nicht dulden.

Die Homosexuellenvertreter haben mit sicherem Instinkt erkannt, dass an dieser Stelle ihr ureigenstes Geschäft bedroht ist. Das erklärt ihre heftige Reaktion. Sie sind nicht in der Lage, sich auf die Klientel zu beschränken, die gerne homosexuell ist und es für den Rest ihres Lebens bleiben möchte. Damit bestätigen sie freilich die krassesten Vorurteile gegen Homosexuelle. Sie bestätigen Ziehvater Krauses richtige Annahme, dass man sie politisch in Schach halten müsse, damit sie nicht durchdrehen. Erfolgstrunken wie sie sind, können sie es bei der Akzeptanz, die sie erreicht haben, einfach nicht bewenden lassen.

Die Vorkämpfer der Homosexuellen können nicht aufhören, bevor die Stimmung kippt, und müssen immer noch eins drauf setzen. Wie lange soll das so weitergehen? Bis niemand mehr Kinder bekommt? Bis man den normalen Leuten ihre Kinder wegnimmt, damit auch die Homosexuellen welche abkriegen? Ich behaupte, dass normale Leute eine sehr viel ausgeprägtere Fähigkeit beweisen, Homosexuelle in Ruhe zu lassen als umgekehrt. Woran liegt das? Es liegt an der fehlenden Zeugungsfähigkeit der Homosexuellen. Gefangen in ewiger Wiederholung des gleichgeschlechtlichen und darum folgenlosen Aktes, ausgeschlossen aus dem beruhigenden Kreislauf des Lebens, ist der Homosexuelle zu ewiger Unruhe verurteilt:

»Diese Unerreichbarkeit organischer Ziele, das heisst solcher die sich wenn erreicht in neue Ziele öffnen, gibt dem Verhalten des tragisch Gestellten zugleich die Hitzigkeit und die wühlende Unruhe, die rasche Enttäuschung und den unaufhörlichen Wechsel, die fanatische und die unzuverlässige Struktur, und, bei der constitutionellen Unfähigkeit, Möglichkeiten des Lebens, Leistens und Empfangens wirklich auszunützen und in sich umzusetzen, den reissenden, oberflächlichen, und treulosen Verbrauch aller jener Möglichkeiten, der wie Dilettantismus wirkt, ohne sich ganz mit diesem Begriff zu decken. Sie bewirkt das Rollenbedürfnis dessen, dem ›in seiner Haut nicht wol ist‹, die Kostümsucht und den unheimlichen Zug zum Spiegel und zur Camera, in dem der Drang zu gefallen, anzuziehen, zu gewinnen ja nur unter das fliehende Phantom eines geträumten nirgend vorhandenen ergänzenden Begegners gebunden ist; und sie bewirkt in vehementen Naturen einen ins Rasende gehenden Trieb nach Ausgleich des heimlichen Mangels …« (Rudolf Borchardt, Aufzeichnung Stefan George betreffend)

»Ausgleich des heimlichen Mangels«, das ist das Stichwort. Ich kann verstehen, dass Volker Beck sich in seiner verzweifelten Lage wünscht, dass alle so wären wie er. Niemand ist halt gern allein. Wünschen darf sich Volker Beck – wie jeder andere auch – alles Mögliche. Aber müssen sein Vorhaben auch diejenigen verteidigen, die gar nicht homosexuell sind? Muss unter dem Vorwand der Aidsprävention in aller Öffentlichkeit mit dem Foto von vier Kondomen für Homosexualität geworben werden (»Boygroup – mach’s mit«)? Die Abweichung von der immer noch wünschenswerten Norm wird mehr und mehr zu einem Popanz, den fast alle Politiker, Journalisten und sonstigen Vertreter der veröffentlichten Meinung heuchelnd herumreichen. Heuchelnd, weil es für ihre Akklamation inzwischen völlig unerheblich ist, ob sie privatim homosexuell sind oder nicht.

Für den Gesetzentwurf der Grünen zum Therapieverbot zeichnet außer Volker Beck u.a. auch Jerzy Montag verantwortlich, Bundestagsabgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen und Sohn eines polnischen Juden. Montag, der sich als »religiös nicht gebunden« bezeichnet, tritt auch für eine strafrechtliche Liberalisierung der Geschwisterliebe ein (»Moralische Tabus und soziale Anstandsregeln dürfen nicht mit dem Strafrecht durchgesetzt werden«). Unter Berufung auf die Autonomie des Menschen spricht sich Montag im Bundestag auch für die Möglichkeit von Sterbehilfe aus.

Montag ist zweifacher Familienvater. Er wirkt weder homosexuell noch lebensmüde. Er wirkt auch nicht wie jemand, der sich über eine gegenseitige geschlechtliche Zuwendung seiner Kinder freuen würde. Er scheint zu der Art von Leuten zu gehören, die für andere alles mögliche verlangen, nicht aber für sich selbst (die Abtreibung lassen wir jetzt mal weg). Das mag altruistisch wirken. Auch dann, wenn das, was man für andere will, womöglich nicht nur nichts wert, sondern als »Ausfall an Gut« (Augustin) sogar schlecht ist.

Die Grünen haben der Finanzwirtschaft einen effektiven Trick abgeschaut: Sie privatisieren die politischen Profite der von ihnen beförderten Emanzipationsprozesse, und sie sozialisieren die seelischen und gesellschaftlichen Kosten. Sowas nannte man früher ein »doofes Spiel«. Ausgerechnet die Grünen machen dadurch auf sich aufmerksam, dass sie die Ökologie des Menschen am rücksichtslosesten verraten. Wenn es nach ihnen geht, sollen wir uns einerseits austoben und (dafür?) andererseits früher sterben. Die vielbeschworene Autonomie ist gut genug fürs schnelle Sterben, aber nicht fürs gute Leben. Wer’s glaubt, der merkt meistens erst, wenn es zu spät ist, dass er die Kosten dieses systematischen Betrugs mitträgt.

Es verging kaum ein halbes Jahr nach dem Ende der hoch wogenden Missbrauchsdebatte, da sich Ole von Beust mit seinem neunzehnjährigen Lustknaben in der Öffentlichkeit zeigte und niemand etwas dabei fand. Wo es nur geht, werden die Homosexuellen in dem irrigen Glauben bestärkt, dass sie für ihr Lebensglück weniger Verantwortung trügen als andere. Als ob Homosexuelle das, was andere Leute aus eigener Kraft leisten müssen, der Gesellschaft abverlangen dürften. Die Forderung nach einem Adoptionsrecht »für« Homosexuelle, nach einem Recht, das es für niemanden sonst gibt, bestärkt sie in diesem Irrglauben. Und auch die liberale Öffentlichkeit möchte sich die beruhigenden Fiktionen ihres ach so guten Willens nicht kaputtmachen lassen.

Wenn insbesondere die nichthomosexuellen Verteidiger der Homosexualität einen Homosexuellen treffen, der nicht gern homosexuell ist, sind sie nur peinlich berührt: »Was hat er bloß für ein Problem? Was mag ihm fehlen? Wir sind doch glücklich für ihn!« In einer derart düsteren Lage geht es darum, wie Martin Mosebach (nicht speziell zu unserem Thema) sagte, »ein Gefühl für die Vorläufigkeit unserer Umstände zu entwickeln, zu lernen, sie als Übergangsphase zu begreifen«. Früher oder später wird die aggressive Unduldsamkeit emanzipationssüchtiger Homosexueller, die niemals genug kriegen, eine Reaktion provozieren, welche sie in ihren Vorurteilen gegen die »homophobe« Mehrheitsgesellschaft bestätigen könnte. Sofern diese Reaktion bloß verächtlich ausfiele, würde die Sache noch einmal harmlos abgelaufen sein. Einstweilen hoffe ich auf irgendeine Lage, in der wir wieder mehr dafür tun, Kinder zu bekommen, und mehr darauf achten, dass auch unsere Kinder eines fernen Tages gerne Kinder bekommen.

Das von den Grünen ersonnene Therapieverbot ist übrigens menschenverachtend, um einen inflationären Vorwurf der political correctness ausnahmsweise auf einen Fall anzuwenden, dem er angemessen ist.

Inklusion oder Tod

Jerzy Montag, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen, ist ein Befürworter der Sterbehilfe. Er schränkt ein: sofern die Entscheidung für den Tod »autonom« getroffen wird (wie auch immer man das macht). Und dann ist derselbe Abgeordnete – neben Christian Ströbele – ein Gegner des Inzestverbots. Klar: Die sexuelle Befreiung, das Recht auf Abtreibung und schließlich das Recht auf Sterbehilfe bilden einen nimmersatten Dreiklang. Jeder dieser drei Punkte wird im Allgemeinen aber nur für sich diskutiert. Die Zusammenschau fällt aus, während der schier unüberbietbare Vorteil gerade in der Kombination liegt, indem etwa Nr. 2 und Nr. 3 dabei helfen, die peinlichen Folgen von Nr. 1 zu beseitigen. Nur weil es Nr. 2 und Nr. 3 gibt, kann man Nr. 1 immer hemmungsloser vorantreiben. Mit Nr. 3 kann man darüber hinaus die demographischen Folgen von Nr. 2 beantworten, obwohl Nr. 3 in gewisser Weise noch schlimmer ist als Nr. 2 …

Wir erinnern uns an das Geschwisterpaar aus Zwenkau bei Leipzig, das vier gemeinsame Kinder gezeugt hat und für seine verbotene Liebe von der Wochenzeitung Die Zeit im Jahre 2004 überaus einfühlsam und verständnisvoll porträtiert wurde. Zwei der vier Kinder sind mehrfach behindert und waren damals in ihrer Entwicklung deutlich zurückgeblieben. Aber das macht nichts, denn für Behinderte gibt es die von den Vereinten Nationen geforderte »Inklusion«. Falls sie möchten, haben sie ein Recht darauf, gut aufgehoben zu sein. Falls sie das nicht möchten, haben sie die Möglichkeit, Sterbehilfe zu beanspruchen. Die wird in Deutschland bereits straffrei praktiziert; Euthanasie ist jetzt freiwillig. Der behinderte Nachwuchs kann sich früher oder später (in Holland ab 16 Jahren) zwischen den beiden Möglichkeiten »autonom« entscheiden.

Die radikale Liberalisierung schafft sich ihre künstlichen Probleme selbst und steht der künstlichen Lösung ihrer künstlichen Probleme natürlicherweise nicht im Wege. Sich unter diesen Bedingungen um das Kindeswohl zu sorgen, hieße, Geschwisterliebe zu diskriminieren, wie ja auch die Kritik am Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ohne Rücksicht auf die betroffenen Kinder unter »Homophobie« fällt: »Man munitioniert die Verteilungskämpfe rassistisch und kämpft zugleich gegen den Rassismus; ungefähr so, wie man die Emanzipationsfragen sexualisiert und gegen den Sexismus kämpft; ungefähr so, wie man die Patienten hospitalisiert und gegen den Hospitalismus kämpft, indem man die Patienten einfach umbringt.« (Wir sollen sterben wollen, S. 71)